1000
Jahre – damals und heute
Die von Josef Feichtner und Franz Karl Rauls erarbeitete Dorfchronik,
geschrieben 1025 Jahre nach der ersten urkundlichen Erwähnung, wurde
aus Anlaß des Festaktes zur Partnerschaftsgründung zwischen
den Gemeinden Bretenières (Frankreich) und Pellingen im Jahr 1998
von dem ehemaligen Ortsbürgermeister von Pellingen, Anton Willems,
neu gefasst. (Auszug aus der Dorfchronik anlässlich der 1000-Jahrfeier
1973 von Josef Feichtner und Franz Karl Rauls)
Zwischen Saar, Mosel und Ruwer schiebt sich die Pellinger Höhe.
In einem renommierten Weinbuch heißt es: "Pellingen liegt ungefähr
gleichweit - oder gleichnah - von der Mosel, der Saar und der Ruwer entfernt".
Umfährt der Reisende auf der Bundesstraße aus Richtung Trier
kommend den Höthkopf, so bietet sich ihm ein überraschender
Anblick. Vom Fuß des Berges wächst der Ort Pellingen am Berghang
empor, überragt vom alten Turm des Gotteshauses. Doch der Ort hat
sich in den letzten zwei Jahrzehnten in seiner ganzen Breite weiter über
die B 268 hinaus bis an den Waldrand ausgedehnt. Weit schweift der Blick
des Beschauers vom Kriegerdenkmal auf dem Höthkopf, der sich fast
500 m hoch erhebt, über die Landschaft. Er fühlt sich bewegt
durch die Vielfalt der Landschaftsformen, die vor seinem Auge abwechseln:
Berge und Täler, Höfe, Dörfer und Städte, rauer Höhenwald
und liebliche mit Weinreben bedeckte Hänge, Ackerland und Industriegebiete,
stille Pfade und pulsierende Verkehrsadern. Alles erweckt den Eindruck
einer Gestalt gewordenen Landkarte, eines Panoramas unserer Heimat und
ihrer Menschen, einer Einheit, die in Jahrtausenden gewachsen ist.
Befand sich unser Heimatboden auch am „Rande der Weltgeschichte“,
so war er doch verhältnismäßig früh besiedelt. Wenn
es auch keine schriftlichen Zeugnisse aus jenen Zeiten gibt, so lassen
Ausgrabungen und einzelne Funde dennoch die Gewissheit zu, die Pellinger
Gemarkung als Wohngebiet keltischer Urbevölkerung vom Volk der Treverer
anzusehen. Bei Ausgrabungen des Rheinischen Landesmuseums Trier wurden
an den „Drei Köpfen“ drei Hügelgräber entdeckt,
durch deren Inhalt – Beigaben für die Toten – sie als
keltische Fürstengräber (5. - 4. Jh. V. Chr.) identifiziert
werden konnten. Als sie begannen, ihr Weltreich zu erschließen und
zu festigen, waren die Straßen die Hauptschlagadern ihres Imperiums.
Von Trier, dem „zweiten Rom“, der „Roma Secunda“,
wie es die Römer nannten, führte die Hauptverbindung nach Süden,
mit Querverbindungen nach Saarbrücken und zum Oberrhein (Worms und
Mainz), über die Pellinger Dorfgemarkung. Zeuge der römischen
Zeit ist eine in Stein gehauene Theatermaske, die in eine Mauer des Kirchturms
eingelassen ist. Aus der gleichen Zeit stammt ein gut erhaltener quaderförmiger
Steinblock, der im alten Teil der Kirche als Sitzbank Verwendung findet.
Die Stirnseite ist mit einem Relief geschmückt, auf dem die Gestalt
eines Satyrs (Dämon) zu sehen ist. An der Längsseite ist eine
gut ausgearbeitete Weinrebe zu erkennen.
Ein erster schriftlicher Nachweis über das Bestehen des Ortes findet
sich in einer Urkunde vom 22. August 973. An jenem Tag vor mehr als tausend
Jahren bestätigte Kaiser Otto II. dem Kloster Oeren (St. Irminen) den
Besitz von „Pellinc“ = Pellingen. Doch wenige Jahre später
ging Pellingen in den Besitz der Abtei St. Eucharius (später St. Matthias)
über. Im Jahre 1148 bestätigte Papst Eugen III., als er zur Einweihung
der neu errichteten St. Matthias-Basilika längere Zeit in Trier weilte,
der Abtei ihre Besitzungen. Hier wird neben zwanzig anderen Orten Pellinc
mit Kirche und Grundherrschaft erwähnt. Dies ist gleichzeitig der erste
Nachweis einer Kirche in Pellingen. Die klösterliche Herrschaft endete
mit der französischen Revolution.
Diese schwappte auf die grenznahen deutschen Gebiete über. Zum ersten
Mal versuchten französische Revolutionstruppen 1792 über die Pellinger
Höhen die Stadt Trier zu erobern. Über zwei Jahre dauerte der
Abwehrkampf der trierischen, österreichischen und preußischen
Truppen. Am 8. August 1794 begann der Endkampf. Der französische General
Moreau hatte mit einer Streitmacht von 34.000 Soldaten im Frühsommer
einen erneuten Angriff begonnen. Seine Truppen standen Ende Juli auf den
Höhen von Merzig und Merzkirchen. Als beide Orte am 27. Juli fielen,
war der Weg frei für den Kampf an den Hauptschanzen auf der Pellinger
Höhe. In einem damaligen Bericht heißt es wörtlich:
„Es nahte der letzte Akt der Verteidigung der Stadt, der Kampf
um die Pellinger Höhe.“
Am 8. August griffen die Franzosen mit 14 – 15.000 Mann und schweren
Geschützen von zwei Seiten die Schanzen an. Die alliierten Truppen
mussten am Nachmittag unter schweren Verlusten die Verteidigung aufgeben
– sie zogen in Richtung Trier ab. Auch die Angreifer hatten nach zeitgenössischen
Berichten über 2.000 Tote zu beklagen. Am Morgen des 9. August 1794
gegen 8 Uhr marschierte General Moreau durch das Neutor in Trier ein. Dies
muss für die Franzosen ein bedeutendes Ereignis gewesen sein, da heute
noch am Arc de Triomphe in Paris sein Name als Eroberer der Pellinger Schanzen
verewigt ist.
Pellingen, Trier und das ganze linksrheinische Rheinland blieben 21 Jahre,
bis zum Wiener Kongress 1815, französisch. Danach lagen Pellingen und
Trier mit der weiteren Umgebung im südwestlichen Zipfel der preußischen
Rheinprovinz.
Am Ende des Zweiten Weltkrieges ging es ähnlich zu wie vor fast genau
150 Jahren. Diesmal waren es die Amerikaner, die von Zerf über Pellingen
mit starken Panzerverbänden und haushoher Überlegenheit an Menschen
und Material nach Trier vorstießen.
Nachdem Pellingen am 28. Februar 1945 erobert wurde, fiel Trier am 1. und
2. März 1945 ganz in die Hand der amerikanischen Truppen.
Die Einwohnerzahl der Gemeinde Pellingen schwankte im Laufe der Jahrhunderte
beträchtlich. Bedingt durch den Dreißigjährigen Krieg (1618
– 1648) und den Hexenwahn war der Ort auf nur wenige Feuerstellen
(Haushalte) zusammengeschrumpft. Aber bereits 1721 gab es wieder 24 Haushalte.
Eine vollständig erhaltene Einwohnerliste von 1861 zählte schon
453 Personen in 65 Häusern. Auch die beiden Weltkriege forderten ihren
Tribut. Sechzehn junge hoffnungsvolle Menschen mussten im Ersten Weltkrieg
1914 – 1918 ihr Leben lassen. 1939 – 1945 waren es 26, die ihr
Grab auf den Kampfplätzen Europas fanden. Fünf Einwohner von Pellingen
mussten bei den Kämpfen in der Heimat ihr Leben lassen. Ein Jahr nach
dem letzten Krieg – 1946 – wurden 502 Einwohner gezählt.
1998 konnte der 1000. Einwohner begrüßt werden. Durch die vielfältigen
baulichen Maßnahmen der Gemeinde – wie Kläranlage, Baulanderschließungen,
Straßen-, Wege und Plätzebau, Erweiterung und Modernisierung
der Schulgebäude, Bau einer Mehrzweckhalle, eines Kindergartens, eines
Feuerwehrhauses und einer modernen Sportanlage im Wald mit der angrenzenden
„Schanzenhütte“, hat Pellingen sich der modernen Zeit angepasst.
Es ist aus einem ehemaligen etwas verschlafenen und landwirtschaftlich geprägten
Dorf, zu einer attraktiven Wohn- und Einzugsgemeinde auch für Konz
und die nahe Stadt Trier geworden. Bedingt durch die eben aufgeführten
Aktivitäten hat sich das Vereinsleben im Ort weiter entwickelt und
stark verbreitert, ja es hat Ausmaße angenommen, die man vor Jahren
nicht für möglich gehalten hätte. Damit aber noch mehr neue
Bürger die gute „Pellinger Luft“ und das etwas rauhe aber
gesunde Klima genießen können, sind weitere Neubaugebiete in
Planung. Dies ist erforderlich, damit die kommunalen Einrichtungen, die
Millionen gekostet haben, auf Dauer Bestand haben.
Möge unser Ort mit Gottes Hilfe weitere 1000 Jahre gut überstehen!
Anton Willems |
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